Gründe für eine Wurzelkanalbehandlung
Bei einer Schädigung des Zahnmarks (Pulpa) im Inneren eines Zahns, zum Beispiel durch eine tiefe Karies, kann es zu einer Zahnwurzelentzündung (Pulpitis) kommen. Bei geringer Schädigung oder kurzer Dauer kann diese Entzündung ausheilen (reversible Pulpitis). Kommt es jedoch zu einem starken Reiz oder ist dieser länger andauernd, heilt die Entzündung nicht aus (irreversible Pulpitis). Diese Entzündung ist meist durch ein ausgeprägtes Beschwerdebild gekennzeichnet.
In bestimmten Fällen kann es jedoch auch ohne ausgeprägte Schmerzsymptomatik zum Absterben des Zahnnervs in Folge einer Entzündung kommen (Pulpennekrose). Bakterien können nun das abgestorbene Gewebe besiedeln und über die Wurzelspitze hinaus den umliegenden Knochen entzünden (apikale Parodontitis). Eine solche Entzündung kann akut mit starken Beschwerden wie Schwellung, Fieber und Schmerzen einhergehen. In vielen Fällen kommt es jedoch zu einem chronischen Verlauf, der langfristig zum Knochenabbau im Bereich der Wurzelspitze führt. Eine solche chronische Entzündung kann über Jahre unbemerkt verlaufen, jedoch unter bestimmten Voraussetzungen auch wieder in ein akutes Stadium übergehen.
Chronische Entzündungsprozesse haben über die Freisetzung von Entzündungsmediatoren und Aktivierung des Immunsystems Einfluss auf den Gesamtorganismus, wodurch bestehende Grunderkrankungen möglicherweise verstärkt werden können. Das langfristige Ausmaß dieser Auswirkungen ist nicht abschließend geklärt.
Die Wurzelkanalbehandlung hat zum Ziel, das abgestorbene, infizierte oder stark entzündete Gewebe im Inneren des Zahns vollständig zu entfernen, die Hohlräume zu desinfizieren und danach dauerhaft bakteriendicht zu versiegeln. Durch die Therapie kann eine Entzündung des Knochens effektiv verhindert oder behandelt werden. Durch den Einsatz modernster Methoden und den Einsatz des Dentalmikroskops können so Erfolgsquoten bis zu 95% für den langfristigen Erhalt des Zahns erreicht werden.
Misserfolg einer vorangegangenen Wurzelkanalbehandlung
Das Zahnmark bildet ein komplexes Hohlraumsystem im Inneren des Zahns. Trotz großer Sorgfalt kann in manchen Fällen nicht das gesamte Wurzelkanalsystem gereinigt werden. Durch nicht ausreichend gereinigte Wurzelkanalabschnitte oder nicht aufgefundene Kanäle kann es zu einer erneuten bakteriellen Besiedlung und Infektion der Wurzelkanäle kommen.
Studien konnten zeigen, dass im Falle des oberen ersten Backenzahns bei einer Behandlung ohne optische Vergrößerung in nur 18% der Fälle ein vierter Kanal gefunden wurde. Bei der Behandlung mit dem Dentalmikroskop konnte in 70% der Fälle der vierte Kanal gefunden werden.
Eine neue oder fortbestehende Infektion des Wurzelkanalsystems führt zu einer akuten oder chronischen Infektion des umliegenden Knochens. Mit modernster Technik und dem Einsatz des Dentalmikroskops lassen sich solche Zähne erneut behandeln. Dabei muss die alte Wurzelfüllung entfernt werden, nicht gereinigte Kanäle und Kanalabschnitte gesäubert und schlussendlich das gesamte Kanalsystem desinfiziert werden. So lassen sich langfristige Erfolgsquoten von bis zu 95% erreichen.
Ablauf einer Wurzelkanalbehandlung
Wie wird eine Wurzelkanalbehandlung bei uns durchgeführt?
Zunächst erfolgt die lokale Betäubung des Zahns um eine völlig schmerzfreie Behandlung zu ermöglichen. Daraufhin wird der Zahn vom Rest der Mundhöhle isoliert. Dies geschieht mit einem elastischen Spanntuch, dem sogenannten Kofferdam, mit dem verhindert wird, dass Bakterien der Mundhöhle das Wurzelkanalsystem reinfizieren und Spüllösungen in den Mundraum gelangen.
Danach wird das Zahnmark über einen kleinen Zugang eröffnet. Entzündetes oder infiziertes, nekrotisches Gewebe wird entfernt und mittels der optischen Vergrößerung des Mikroskops werden alle Kanäle des Wurzelkanalsystems dargestellt und eröffnet.
Die Wurzelkanäle werden mit Hilfe hochflexibler Feilen aus einer speziellen Nickel-Titan-Legierung gereinigt und aufbereitet. Währenddessen und danach erfolgt durch verschiedene desinfizierende Spüllösungen eine chemische Desinfektion des gesamten Kanalsystems. Diese Spüllösungen werden mit unterschiedlichen schall- und ultraschallgestützten Verfahren aktiviert, um so auch kleinste Nebenkanäle zu reinigen.
Nachdem das gesamte Kanalsystem steril aufbereitet wurde, erfolgt die Füllung. Um das komplexe anatomische System aus Hohlräumen in allen Dimensionen dicht zu füllen, wird mit einem speziellen Verfahren kautschukartiges biokompatibles Material im Wurzelkanalsystem erhitzt und kompaktiert und so auch in kleinste Hohlräume zu gelangen. Die dichte Füllung des gesamten Hohlraums ist die Grundvoraussetzung zur Vermeidung einer erneuten Bakterienbesiedlung des Zahns.
Nach der Wurzelfüllung erfolgt der dichte Verschluss der Zugangsöffnung mit Kunststoff, um eine erneute Besiedlung durch Bakterien der Mundhöhle zu verhindern.
Je nach Situation können mehrere Sitzungen für die Behandlung eines Zahns notwendig sein. Dies hängt von der Komplexität des Falls und dem Infektionsgrad ab. In diesem Fall wird zwischen den Situngen eine medikamentöse Einlage mit desinfizierenden oder antibiotisch wirksamen Medikamenten eingelegt. Der Zahn wird auch in dieser Zwischenzeit immer bakterien- und speicheldicht provisorisch verschlossen.
Behandlung mit dem Dentalmikroskop
Das Mikroskop ist das wichtigste Hilfsmittel des endodontisch tätigen Zahnarztes. Mit einer bis zu 24-fachen Vergrößerung und direkter Ausleuchtung des OP Gebiets können kleinste Strukturen innerhalb des Zahns, wie verlegte Kanäle, Seiten- und Nebenkanäle und tiefe Aufzweigungen von Kanälen oder Mineralablagerungen im Inneren des Zahns dargestellt werden. Ebenfalls werden bestimmte Behandlungen wie die Entfernung von frakturieren Wurzelkanalinstrumenten oder die Therapie anderer Komplikationen erst durch den Einsatz des Dentalmikroskops ermöglicht.
Die optische Vergrößerung des Mikroskops, in Kombination mit modernsten Aufbereitungs- und Desinfektionstechniken ermöglicht Erfolgsquoten von bis zu 95%, wodurch in vielen Fällen als hoffnungslos geltende Zähne erhalten und so operative Eingriffe wie Wurzelspitzenresektionen und Implantate vermieden werden können.